Das Rollenverständnis

Beginnen wir zunächst mit einem Modewort: Paradigma

Um zu verstehen, was dieses Wort eigentlich ausdrücken soll, zerlegen (analysieren) wir den Begriff: Ein Paradigma ist eine Gewohnheit. Auch hier mal reinschauen.  Sie beruht auf unseren Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit mit einem bestimmten Sachverhalt gemacht haben. Die Summe aller Erfahrungen führte dazu, dass wir ein für uns gültiges Wertesystem bilden konnten.

Alle neuen Situationen/Erlebnisse werden unter dem Blickwinkel unseres Wertesystems durchleuchtet und bewertet. Passen diese neuen Erfahrungen in unser Bild, neigen wir dazu, sehr schnell zu handeln. Wir fühlen uns sicher, Aussagen zu treffen. Passen aber die neuen Erfahrungen nicht in unser Raster, lehnen wir ab. Manchmal bemerken wir solche Aspekte nicht einmal.

Aussagen wie: “Das kann nicht sein!”, “Das gibt es nicht!”, “Das siehst Du falsch!”, sind typisch. Nun ein paar Beispiele zu solchen Gewohnheiten, eingeschliffenen Denkweisen/Sichtweisen – zu Paradigmen:

  1. Unsere Renten sind sicher.
  2. Nur Computerfachleute können etwas im Internet veröffenlichen.
  3. Wir haben in Deutschland ein stabiles Bankenwesen.

Haben Sie etwas bemerkt? Ganz sicher. Zu den oben getroffenen Aussagen hätten Sie vor einiger Zeit vermutlich eine ein-deutige Zustimmung gegeben. Ebenso wissen Sie, dass alle diese Aussagen heute so nicht mehr stimmen. Einige dieser Einschätzungen haben sich erst vor kurzer Zeit dramatisch verändert. Sie mussten sich verändern, weil die Zeit voransschreitet und wir lernen, Gewohnheiten zu überpüfen, um sie gegebenenfalls mit neuen, für uns besseren, zu vertauschen.

Ebenso entspricht es unserer Erfahrung aus der Begleitung von Menschen in einer Außendiensttätigkeit, dass eine regelmäßige Reflexion des eigenen Rollenverhaltens sinnvoll ist.

Erstens deshalb, weil die Sichtweise der eigenen Rolle über die Jahre zu festgefahrenen Verhaltensmustern führen kann.

Zweitens, weil viele Alltagssituationen nur durch situativ unterschiedliches Rollenverhalten optimal zu lösen sind.

Hier nun die unterschiedlichen Rollen, die wir erlebt haben und als zielführend ansehen:

  • die Rolle als Bindeglied (Repräsentant) zwischen Großhandelszentrale und Markt/Geschäftsstelle/Kunde
  • die Rolle des Vorgesetzten
  • die Rolle des Trainers
  • die Rolle des Coachs
  • die Rolle des Ratgebers
  • die Rolle des Mentors

Die Rolle des Repräsentanten

Als Repräsentant der Handelszentrale haben Sie jederzeit die Ziele und bestehenden Konzepte des Unternehmens zu vertreten. Dies spielt sowohl im Umgang mit den Führungskräften in den Märkten als auch im Umgang mit den Kunden vor Ort eine wichtige Rolle. Sie stehen in dieser Rolle im Licht der Öffentlichkeit und werden in besonderer Weise wahrgenommen.

Diese besondere Wahrnehmung bezieht sich auf Ihr gesamtes Auftreten (Verhalten), Ihr Äußeres und ebenso auf Ihre Kommunikation. Hier sind Sie also in Ihrer Vorbildfunktion gefragt.

Ein Beispiel zur Kommunikation: „Die haben sich halt mal wieder was Neues ausgedacht“. Diese Aussage ist uns schon mehrfach begegnet. Wenn mit „die“ einige Kollegen in der Zentrale gemeint sind oder gar die Ebene des Vorgesetzten, dann ist es nicht verwunderlich, wenn der angesprochene Mitarbeiter oder Kunde vor Ort mit der Umsetzung zögert. „Ich bin sicher, dass wir diesen neuen Weg erfolgreich umsetzen können“. Diese Aussage klingt sehr viel überzeugender – nicht wahr?

Die Rolle des Vorgesetzten

Diese Rolle spiegelt die Aufgaben der Führungskraft wider. Im Kontext von Führen und Leiten steht der eigene Aufgaben- und damit auch der eigene Verantwortungsbereich im Vordergrund. Wer Verantwortung übernimmt, verpflichtet sich unwiderruflich, die ihm übertragenen Aufgaben auszuführen und sich dafür auch zur Rechenschaft ziehen zu lassen. Der Vorgesetzte wiederum sorgt dafür, dass seine Mitarbeiter ebenso ihrer Verantwortung gerecht werden. Hierfür ist in einigen Situationen konsequentes Führen notwendig. Wir haben konsequentes Führen in folgenden Situationen erlebt:

  • Einhalten bestehender Richtlinien und Vorschriften
  • Umsetzen von Vereinbarungen und Konzepten
  • Kundenorientierung
  • Absichern der Basisleistungen für die Kunden

Konsequentes Führen (lat. consequentia – „Folgerichtigkeit des Denkens und Handelns“) schließt mit ein, bei Mitarbeitern ein Bewusstsein zu entwicken, welches die Folgen des eigenen Handelns mit bedenkt. Der Vorgesetzte handelt dann konsequent, wenn er Menschen in seinem Umfeld mit den möglichen Folgen im Vorfeld konfrontiert und diese im Nachhinein auch erzeugt. Im Einzelfall können das auch arbeitsrechtliche Folgen sein.

Hier können Sie einige Gedanken zum Thema positives Führen hören:

Die Rolle des Trainers

Wir haben immer wieder erlebt, dass Vorgesetzte im klassischen Sinn gelegentlich Distanz zu den Mitarbeitern haben. Das kann so weit gehen, dass mancher Mitarbeiter sich „von oben herab“ behandelt fühlt.

In der Rolle des Trainers sind Sie sich Ihrer Führungsverantwortung sehr wohl bewusst, wissen aber auch: Sie stellen nicht Vorgaben und Anweisungen in den Vordergrund sondern die Entwicklung des einzelnen Menschen zur Selbstverantwortung. Dadurch sind Sie Fit-Macher, Ausbilder und manchmal „Beichtvater“ in einer Person. Als Trainer haben Sie ein klares Bild der gesteckten Ziele vor Augen und kümmern sich darum, dass das vorgesehene „Trainingsprogramm“ eingehalten wird. Als Trainer üben Sie mit großer Geduld das geforderte Zielverhalten immer und immer wieder zusammen mit Ihren Gesprächspartnern. Sie provozieren auch mal, um Kreativität zu fördern.

In folgenden Situationen haben wir Außendienstmitarbeiter als versierte Trainer erlebt:

  • Unterweisungen am Arbeitsplatz wurden nach den Leitfragen Was-Wie-Wozu durchgeführt.
  • Die Kenntnis der Stärken und Schwächen von Mitarbeitern und Kunden wurde als Schlüsselaufgabe definiert.
  • In der Besuchsvorbereitung war eine „Trainingsaufgabe“ für den Besuch vorgesehen.

Die Rolle des Coachs

Kontrollaufgaben sind auch wichtig, wenn es um die Wahrnehmung von Führungsaufgaben geht. Doch reines „Abarbeiten von Checklisten“ kann nicht Aufgabe der Zukunft sein. Auch ein Coach übt Kontrolle aus. Aber auf einer anderen Ebene.

Ein Coach versucht, Selbstkontrolle beim Anderen zu entwickeln. Er hilft dort, wo es nötig erscheint. Aber es ist immer die Hilfe zur Selbsthilfe. Er hält den Spiegel vor, damit Schwachstellen selbst erkannt werden.

Wenn Sie die Rolle des Coachs einnehmen, dann konzentrieren Sie sich zunächst einmal auf Ihre Wahrnehmung ohne zu bewerten. Sie spiegeln das Verhalten und regen so den Mitarbeiter oder Kunden zum Nachdenken an. Sie fragen nach den Zielen des Handelns, Sie geben diese Ziele nicht zwingend vor.

Als Coach vereinbaren Sie mit dem Mitarbeiter oder Kunden die Richtlinien, innerhalb derer Handeln stattfindet (wie die Leitplanken rechts und links an der Autobahn). Sie greifen aber nicht bei jedem „Schlenker“ sofort ein sondern warten ab und beobachten, wie auf die richtige Spur zurückgelenkt wird. Sie warten ab, bis ein Prozess zu Ende ist, denn sonst erfahren Sie nie, wie Ihr Gesprächspartner das Problem gelöst hätte.

Dazu müssen Sie als Coach folgendes können:

  • Sie können loslassen.
  • Sie haben keine Angst, weniger wichtig zu sein, nur weil Sie nicht selbst „der Mann/die Frau an der Checkliste“ sind.
  • Sie haben selbst genug Größe, andere „groß werden“ zu lassen.
  • Sie sind in sich ruhig und können dadurch abwarten, ohne immer gleich zwanghaft als „Retter in der Not“ einzugreifen.
  • Sie können still sein und abwarten, damit Sie den anderen ganz erleben können, ohne schon vorher durch Äußern der eigenen Meinung den Prozess zu beeinflussen.
  • Sie beherrschen die Regeln der Fragetechnik in allen Variationen und sind dadurch in der Lage, Denkprozesse in Gang zu bringen.
  • Sie können reflektieren ohne zu verfälschen, können Anerkennung und Kritik einsetzen und spiegeln ohne anzugreifen und zu verletzen, denn Sie haben gelernt, wahrnehmen von beurteilen zu unterscheiden.

Die Rolle des Ratgebers

Als Ratgeber wissen Sie, dass Ratschläge auch Schläge sind. Sie werden daher zunächst gut zuhören, denn Sie wollen erst verstehen, was der Gesprächspartner meint und dann erst verstanden werden. Sie werden nur dann einen Rat geben, wenn Sie darum gebeten werden und wenn der Gesprächspartner nicht in der Lage ist, selbst den angebrachten Weg zu beschreiten.

Denn sobald Sie sich in die Rolle des Ratgebers begeben, übernehmen Sie auch immer einen Teil der Verantwortung. Das ist an sich kein Problem, sobald man es bewusst so haben will. Wir haben als Begleiter von Menschen im Außendienst diesen Zusammenhang immer wieder thematisiert und hierfür viel positives Feedback erhalten. Im Kern geht es uns hierbei darum, klar zu machen, dass die bewusste Wahl zwischen der Rolle des Beraters und des Coachs für eine gezielte Förderung von Menschen wesentlich ist.

In folgenden Situationen haben wir die Rolle des Ratgebers als wirksam erlebt:

  • bei der Weitergabe positiver Erfahrungen von Menschen in vergleichbaren Situationen (Wie lösen das meine Kollegen?).
  • wenn konkreter Rat gefordet wurde (Was würden Sie an meiner Stelle tun?).
  • wenn die Arbeitsbeziehung absolut klar und konstruktiv ist.

Die Rolle des Mentors

Die Rolle des Mentors spiegelt im Besonderen die Beziehung zwischen einem auch altersmäßig reiferen und einem jüngeren Menschen wider. Als Mentor wären Sie der „väterliche Ratgeber“ eines jungen Mitarbeiters oder Kunden. In unserer Tätigkeit haben wir solche Arbeitsbeziehungen besonders in folgenden Situationen als wirksam erlebt:

  • Fragen zur Karriere eines Mitarbeiters
  • Fragen zur weiteren Lebensplanung im Allgemeinen
  • persönliche, private Problemstellungen und Konflikte

In diesem Zusammenhang haben wir erfahren, dass die Rolle des Mentors ein hohes Maß an Akzeptanz erfordert. Hierbei spielten vor allem folgende Faktoren eine Rolle:

  • Berufliche Kompetenz und Lebenserfahrung des Mentors aus Sicht des Mitarbeiters oder Kunden.
  • Das Vertrauen, welches dem Mentor entgegengebracht wird.

Und hier noch ein Impuls zum Hören mit einem Beispiel zur Rolle des Coachs aus der Praxis:

Prof. Kruse erläutert anschaulich eine der Hauptaufgaben für Führungskräfte.

Change Day 2006 – Führungskräfte sind in Zukunft Sinnstifter und Vernetzer
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